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Was sich anhört wie eine neue Rosamunde Pilcher Verfilmung, war alles andere als eine romantische Liebesschnulze.

„Sieht nett aus hier“ waren meine Gedanken, als ich am 14. August meinen Fuß durch die Pforte setzte. Aber drei Monate? Ohne Handy, welches längst zu meinem ständigen Begleiter geworden war? Drei Monate weg von zu Hause und auch meinen Mann kaum sehen, wo wir doch nach sehr schwierigen Zeiten gerade erst wieder zueinander gefunden hatten! Ich wollte auf dem Absatz kehrt machen.

Da kam mir das Zitat Lichtenbergs in den Sinn

„Ich weiß es nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird.
Aber es muss sich etwas ändern, wenn es besser werden soll.“

Schließlich bin ich es mir wert, mir selbst diese Chance zu geben. Wann sonst habe ich die Gelegenheit, mich drei Monate auf mich selbst zu konzentrieren? Also stellte ich mich dieser Herausforderung. Wenn ich in einem Jahr zurückblicke, würde ich sagen „Zissendorf – ach ja, da war ja was.“

„Tisch 8!“ schallte es zu Mittag in die hinterste Ecke hinter der Mauer. Ein befremdliches Gefühl. Dann der sehr straffe Therapieplan. Wohlwissend, dass dies hier kein Urlaub ist, wollte ich dennoch diesen engmaschigen Tagesablauf voller Termine und Verpflichtungen mal hinter mir lassen. Dazu weitere strenge Regeln. Keine einzige Kopfschmerztablette durfte ich behalten, drei Tage Ausgangssperre, dann beschränkt …. Als ich dann noch von einem Wäschedienst im Rahmen der Arbeitstherapie erfuhr, erinnerte mich all dies an „Hinter Gittern – der Frauenknast“. So fühlte ich mich. Wo bin ich hier nur gelandet? Im Knast? Was habe ich denn verbrochen? Und Sport – ja ok, aber dann gleich noch so viel davon?

Mit der Zeit erschloss sich mir der Sinn einiger Regeln -wenngleich auch nicht aller. Statt einer „Walter“ lernte ich nach und nach viele toughe und herzliche Frauen kennen. So gut wie keiner von ihnen hätte ich bei einer Begegnung auf der Straße angesehen, dass sie eine Mitrehabilitandin sein könnte.

Mit Erschrecken musste ich nach einiger Zeit feststellen, dass ich am Sport sogar Gefallen fand. Und die Resultate meiner über 40-jährigen Zeichnen-Pause konnten sich sehen lassen. An diesen Dingen möchte ich auch in Zukunft festhalten.

Es war mein erster und hoffentlich auch letzter Aufenthalt in einer Suchtklinik. Daher werde ich nicht „Auf Wiedersehen“ sagen, sondern „Danke“. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Bezugstherapeutin sowie der Pflegeleitung, allen Mitrehabilitandinnen und natürlich meiner unglaublich fabelhaften Therapiegruppe 2. Das Küchenpersonal nicht zu vergessen. Wenigstens habe ich bei der hervorragenden Verpflegung nicht zugenommen.

Danke aber auch an mich Selbst!!!

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